Ein Beitrag von Fabian Krüger, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet und Wohnungseigentumsrecht aus dem Jahr 2017

Auch heute noch von vielen unbemerkt, hat der Gesetzgeber bereits zum 1. Mai 2013 mit den §§ 283a und 940a ZPO völlig neue Rechtsinstitute geschaffen. Hatten Vermieter vor der Gesetzesänderung kaum die Möglichkeit, vor Erlangung eines Titels im Hauptsacheverfahren die Räumung zu betreiben, gibt ihnen § 940a Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 283a ZPO nun doch unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit, die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung vorläufig und schon während des Hauptsacheverfahrens durchzusetzen. Zahlungsunfähige Mieter belasten den Vermieter vielfach doppelt: Nicht nur gelingt es ihnen oft, die Räumung durch Verfahrensanträge zu verschleppen, der geschuldete Mietzins ist auch oft nicht durchsetzbar.

Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung nach § 940a Absatz 3 ZPO ist, dass der in einem Räumungsrechtsstreit beklagte Wohnungsmieter trotz Vorliegen der Voraussetzungen des § 283a Abs. 1 ZPO und Anordnung durch das Gericht die Zahlung einer Sicherheit binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nicht nachgewiesen hat. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Gerichte bedauerlicherweise und entgegen der ebenfalls zum 1. Mai 2013 neu eingefügten Vorschrift des § 272 Abs. 4 ZPO, nach der Räumungssachen vorrangig und beschleunigt durchzuführen sind, diesem Beschleunigungspostulat nicht hinreichend nachkommen, sollte in einem anzustrengenden Räumungsrechtstreit auch immer daran gedacht werden, einen Antrag nach § 283 a ZPO zu stellen, um die Voraussetzungen für einen Antrag nach § 940a Absatz 3 ZPO zu schaffen und möglichst schnell wieder in den Besitz der Mietsache zu gelangen. Weitere finanzielle Einbußen und Schäden durch Vandalismus können so mitunter vermieden werden.

Nach § 283a ZPO ist eine Sicherungsanordnung unter fünf Voraussetzungen möglich:
(1) Der Kläger, der eine Räumungsklage mit einer Zahlungsklage aus demselben Rechtsverhältnis verbunden hat, muss (2) einen Antrag bei Gericht stellen. § 283a ZPO erfasst sowohl die Räumung nach Beendigung von Wohnraummietverhältnissen als auch von Gewerberaummietverhältnissen (auf letztere ist allerdings § 940a Absatz 3 ZPO nicht anwendbar); auch der Räumungsanspruch gegen den Untermieter gemäß § 546 Abs. 2 BGB und der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer aus § 985 BGB fallen in den Anwendungsbereich der Norm, was im Fall der Räumung auch gegen von dem Mieter in seinen Haushalt aufgenommene Dritte (z.B. Ehegatte oder Lebensgefährte des Mieters) von Bedeutung ist. Die Räumungsklage ist jedenfalls dann sinnvollerweise mit einer Zahlungsklage zu verbinden, wenn das Mietverhältnis durch eine Kündigung des Vermieters infolge von Zahlungsverzug mit der Miete beendet wurde. Das Rechtsverhältnis ist dann identisch. Denkbar sind aber auch andere Zusammenhänge. Zu beachten ist nämlich, dass das Gesetz lediglich von Zahlungsklage spricht und damit nicht nur die Klage auf Zahlung rückständigen Mietzinses meint. Auch Zahlungsansprüche, die bspw. aus einer Betriebskostennachforderung oder einer (nach Inanspruchnahme durch den Vermieter) nicht wieder voll eingezahlten Mietkaution resultieren, eröffnen die Möglichkeit zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 940a Absatz 3 ZPO in Verbindung mit § 283a ZPO. Die dritte Voraussetzung ist, dass (3) sich die Anordnung auf Geldforderungen bezieht, die erst nach Rechtshängigkeit der Klage fällig geworden sind.

Sehr oft ist es für den Vermieter besonders belastend, dass sich Zahlungsrückstände noch während des Räumungsrechtsstreits erhöhen; diese Vertiefung des Unrechts soll mittels § 283 a ZPO verhindert werden. Durch die einstweilige Anordnung soll der status quo des Vermieters bewahrt werden. Weitere Voraussetzungen für den Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 283 a ZPO sind, dass (4) die Klage auf die nach Rechtshängigkeit fällig werdenden Zahlungsansprüche hohe Aussicht auf Erfolg hat und, (5) dass die Anordnung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt ist. Der Vermieter, der einen Antrag nach § 283 a ZPO stellt, muss also zunächst die Klage erweitern, um die nach Rechtshängigkeit der ursprünglichen Klage fällig werdenden Zahlungsansprüche durchzusetzen; diese (erweiterte) Klage muss nach einer Prognose hohe Aussicht auf Erfolg haben, was voraussetzt, dass dem Zahlungsanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Einwendungen oder Einreden entgegenstehen. Die Interessen des Vermieters, aus denen sich ergibt, dass die Sicherungsanordnung zur Abwendung besonderer Nachteile gerechtfertigt ist, hat der Vermieter dabei darzulegen und letztlich durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu machen. Ausreichend ist insoweit nicht die drohende Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Vorgetragen werden muss vielmehr, dass der Vermieter auf die Zahlung der weiter auflaufenden Mieten besonders angewiesen ist. Das kann z.B. der Fall sein, wenn ein Finanzierungskredit von den Mieteingängen abbezahlt wird. Das kann aber auch der Fall sein, wenn die Mieten der Altersversorgung dienen.

Sind alle Hürden genommen und erlässt das Gericht die begehrte Sicherungsanordnung, wird der beklagte Mieter vom Gericht dazu aufgefordert, binnen einer von Amts wegen bestimmten Frist die Leistung der Sicherheit nachzuweisen. Zahlt der Mieter die Sicherheit ein, ist der Vermieter bei langer Verfahrensdauer bis zum Abschluss der Räumungsklage geschützt. Leistet der Mieter die Sicherheit nicht, ist zumindest, wenn es sich um ein Wohnraummietverhältnis handelt, der Weg zu § 940 a Abs. 3 ZPO eröffnet: die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, was der Vermieter dann auch unbedingt beantragen sollte. Es kann also sinnvoll sein, im Falle des zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Mieters auch an die Möglichkeit zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes im Räumungsverfahren zu denken. Zwar sind oft die recht engen Voraussetzungen nicht gegeben; insbesondere scheitert es oft an der Interessenabwägung. Darüber die in diesem Beitrag vorgestellten Normen aus dem Blick zu verlieren, wäre jedoch verfehlt.